Den Rubikon überschreiten. Vom Zögern zum Handeln. Von Alena Gutsche

oder: was braucht es, um Entscheidungen zu treffen und sie anschließend auch umzusetzen.

Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als mir klar wurde: Ich werde kündigen.
Eigentlich hatte ich schon länger innerlich gekündigt – aber mir war das nicht bewusst.
Ich war immer mit Leidenschaft dabei, habe für meine Aufgabe gebrannt, Energie gegeben, Verantwortung getragen. Aber auf einmal war diese Energie wie verpufft.

Dann kam dieser eine Moment: eine Telko mit der ganzen Abteilung.
Es ging um Personalabbau. Zahlen, Restrukturierung, neue Zielvorgaben.
Und plötzlich war mir glasklar: Ich will das nicht mehr.
Nicht, weil ich die Arbeit oder das Team nicht mochte – sondern weil ich spürte, dass ich an einem Punkt war, an dem ich nicht mehr nur funktionieren, sondern wieder gestalten wollte.
Ich hatte meinen ganz persönlichen Rubikon überschritten.
Ein Punkt, an dem es kein Zurück mehr gab – und der sich zugleich befreiend und stimmig anfühlte.

Rubikon

Der historische Rubikon – Mut in Bewegung

Der Ausdruck „den Rubikon überschreiten“ geht auf Julius Cäsar zurück.
Im Jahr 49 v. Chr. stand er mit seinen Truppen am Fluss Rubikon – der Grenze zwischen seiner Provinz Gallien und Italien.
Nach römischem Recht war es Feldherren streng verboten, diese Grenze mit bewaffneten Truppen zu überschreiten.
Ein solcher Schritt galt als Kriegserklärung gegen den römischen Senat.

Cäsar befand sich in einem Moment des Abwägens: Sollte er sich an das Gesetz halten – oder den entscheidenden, riskanten Schritt gehen?
Er entschied sich für das Handeln.

Rubikon

Mit den Worten „Alea iacta est – Der Würfel ist gefallen“ überschritt er den Rubikon und leitete damit einen Prozess ein, der ihn letztlich an die Spitze Roms führte.

Ein Schritt, der alles veränderte.

Der innere Rubikon – von der Entscheidung zur Bewegung

Im übertragenen Sinn steht das Überschreiten des Rubikon für den Moment, in dem aus Überlegen und Planen endgültiges Handeln wird.
Bis dahin wägen wir ab, sammeln Argumente, suchen Sicherheiten.
Doch irgendwann kommt dieser Punkt, an dem das Denken nicht mehr weiterführt – an dem wir spüren, dass die Entscheidung längst in uns gefallen ist.

Das psychologische Rubikon-Modell beschreibt diesen Prozess sehr treffend:

  1. Vor dem Rubikon: Wir sind im Modus des Abwägens – „Soll ich oder soll ich nicht?“
  2. Beim Überschreiten: Die Entscheidung fällt – emotional, oft intuitiv.
  3. Nach dem Rubikon: Wir beginnen zu planen, umzusetzen, zu handeln.

Der Rubikon ist damit nicht nur eine historische, sondern vor allem eine innere Grenze – eine Schwelle, hinter der Verantwortung und Bewegung beginnen.

Mein persönlicher Rubikon – Selbständigkeit und Selbstbestimmung

Als ich damals meine Kündigung unterschrieb und den Schritt in die Selbständigkeit als Beraterin und Coach wagte, fühlte sich das zunächst wie ein freier Fall an.
Kein sicherer Rahmen mehr, keine Routine, kein Netz – aber plötzlich ganz viel Raum für Gestaltung, Sinn und eigene Entscheidungen.

Ich habe verstanden:

„Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst, sondern die Entscheidung, dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst.“ (Redmood, 1996)

Genau das war der Moment, in dem ich meinen Rubikon überschritt –
den Punkt, an dem das Bekannte endete und das Neue begann.
Nicht, weil alles sicher war, sondern weil ich spürte, dass Stillstand keine Option mehr war.

Führung, Coaching und der Rubikon-Moment

Im Coaching begegnet mir dieser Moment immer wieder – bei Führungskräften, Teams oder Menschen in Veränderung.
Der Moment, in dem man erkennt: Ich kann nicht länger nur analysieren. Ich muss mich entscheiden.

Ob es um einen Rollenwechsel, ein Konfliktgespräch oder eine persönliche Neuorientierung geht – jeder Rubikon beginnt mit einer inneren Klarheit: So kann und will ich nicht mehr – und so möchte ich künftig handeln.

Das Überschreiten dieser Grenze bedeutet nicht, dass alles leicht wird.
Aber es bedeutet, dass wir wieder handlungsfähig werden.
Und genau darin liegt die eigentliche Freiheit.

Fazit – Der Würfel fällt erst, wenn du ihn wirfst

Der Rubikon ist mehr als ein Fluss in der Geschichte.
Er ist ein Sinnbild für den Moment, in dem wir uns selbst vertrauen und den nächsten Schritt wagen.

👉 Probiere es selbst aus: Wann hast Du zuletzt Deinen Rubikon überschritten?

Das Coaching Werkzeug ist Teil unserer Coaching Ausbildung.

Das Rubikon Modell basiert auf der Arbeit von von Heinz Heckhausen und Peter M. Gollwitzer.


Hinweis: Dieser Blogbeitrag stellt allgemeine Informationen dar und ist nicht als spezifische Beratung für individuelle Situationen gedacht. Für professionelle Ratschläge im Arbeitsumfeld sollte immer ein erfahrener Coach oder Berater konsultiert werden.